Der einmalige Ehrenbürger

Seit 1955 Priester, seit 1965 in Ast, seit 2011 Ehrenbürger: Pfarrer Raimund Arnold 
Seit 1955 Priester, seit 1965 in Ast, seit 2011 Ehrenbürger: Pfarrer Raimund Arnold 

Der 92-jährige Raimund Arnold betreut seit 1965 die Pfarrei Ast. Müde ist der Geistliche nicht, eher im Gegenteil.

 

Er verwundert nicht, dieser Satz, den Raimund Arnold beiläufig sagt: „Das ist keine Auszeichnung für mich, sondern eine für die Gemeinde.“ Wobei das so natürlich nicht stimmt, denn er, der Pfarrer, der halb Ast ein Leben lang begleitet, ist Ehrenbürger Waldmünchens. Einer von nur zweien, die nicht aus der Kernstadt kommen, und einer der vier noch Lebenden. Da muss also schon etwas Herausragendes dahinter stehen.

„Natürlich habe ich mich gefreut“, blickt der heute 92-Jährige auf die Verleihung der Ehrenbürger-Würde im Jahr 2011 zurück, zehn Jahre zuvor war ihm die Bürgermedaille zugesprochen worden. „Vielleicht bin ich für manches ein Motor gewesen“, sinniert der Geistliche bescheiden, um zugleich seine Mitstreiter mit ins Boot zu holen. „Kirche und ein gelingendes, erfüllendes Gemeindeleben, das ist immer die Sache vieler.“

 

Der aus Weiden stammende Priester ist keiner, der mit dem Schicksal hadert. „Vielleicht wäre ich damals weggegangen“, sagt Arnold, aber der Tod seiner Köchin habe genau zu der Zeit, entsprechende Ideen kolportiert. „Wo hätte ich denn hin sollen“, sagt der agile Ruhestandgeistliche im Rückblick. Und Ast sei ja damals wie heute nicht das schlechteste gewesen, schmunzelt er.

 

Weidener wird Waldmünchner

„Ich fühle mich als Waldmünchner“, sagt der aus Weiden stammende Geistliche, insofern sei er damals, als ihm die Ehrenbürgerwürde angetragen wurde , „sehr überrascht“ gewesen. Gerechnet habe er nicht damit; vor allem, weil er bereits zehn Jahre zuvor mit der Bürgermedaille ausgezeichnet wurde. Allein dies sei für einen Auswärtigen schon eine hohe Anerkennung, aber dann auch noch Ehrenbürger? Als einer der wenigen Nicht-Politiker? „Hat schon was“, sagt der 92-Jährige. Was umso höher zu bewerten ist, weil ihm Auszeichnungen eher widerstreben. Die Berufung zum Bischöflichen Geistlichen Rat habe er zunächst gar nicht annehmen wollen, tat es dann aber doch, weil der hörte, wie sehr sich ein Mitbruder in dieser Angelegenheit für ihn eingesetzt habe.

 

Wer Raimund Arnold zuhört, kann sich weder vorstellen, dass der Priester bereits 92 Jahre alt ist, noch, dass er bereits mehrere schwere Krankheiten überstanden hat. Von denen die letzte allerdings dazu führt, dass er nicht mehr unbeschwert und zu jeder Tages- und Abendzeit aus dem Haus gehen kann. Aber auch das nimmt Arnold klaglos hin, auch sein Umfeld habe dies so akzeptiert. „Ich bin ja eh nur Ruhestandsgeistlicher“, schmunzelt er. Nebenbei bemerkt: seit 22 (!) Jahren.

 

Was ihn nicht davon abbringt, klar Stellung zu beziehen. Für die Seelsorge bleibe zu wenig Zeit, „wir verwalten mehr, als wir den Menschen zuhören“.

 

„Ruhestand“, das bedeutet in seinem Fall lediglich, dass er sich seit zehn Jahren aus der Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat zurückgezogen hat. Oder bewusst heraushält, wie er selbst sagt. Die Protokolle allerdings bekommt er, ist also auf dem Laufenden. Den Pfarrbrief erstellt er nach wie vor, „das ist ein Hobby von mir“, die Zusammenarbeit mit Waldmünchen, zu der die Pfarrei gehört, sei von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. So würden Absprachen auf dem kleinen Dienstweg erledigt, schließlich holt Arnold die Post immer noch selbst im Pfarrbüro ab. Auch auf „seine“ Ehrenamtlichen in Ast lässt er nichts kommen. „Die machen und tun...“

 

Gläubige „driften“ weg

Sorgen bereitet ihm der Gottesdienstbesuch, wenngleich er vor allem coronabedingt zurückgegangen sein dürfte. „Viele haben Angst.“ Was allerdings so oder so bedeute, dass die Gläubigen sich ein Stück weit entfernten. „Nicht jeder nutzt die Möglichkeiten zuhause oder das Gebet als solches“, meint Arnold nachdenklich. Seine Schlussfolgerung: Nach Corona „müssen wir mehr als Aktionen starten“. Anders formuliert: Die Aufgabe, wieder eine lebendige Kirche zu sein, ist eine große.

 

Dabei ist Ast noch in der vergleichsweise komfortablen Situation eines geräumigen Gotteshauses, in dem „Abstand“ ein leicht zu handelndes Problem ist. Allerdings sind Familiengottesdienste in der bewährten Form, Chorgesang und Kommunionvorbereitung in „früherer“ Form nicht möglich, was ganz klar eine Beeinträchtigung ist. Auch den Kontakt zu denen zu halten, die eigentlich Kirchgänger sind, ist ja schon für junge und fitte Priester schwierig...

 

Arnold selbst zieht Kraft aus dem Bibelstudium, dem Gebet und dem Schreiben seiner Predigten. Jetzt, in der „auf jeden Fall besonderen“ Adventszeit, stimmt er sich mit entsprechender Musik auf die verheißungsvolle Weihnachtsbotschaft ein. „Ich versuche, innere und äußere Ruhe zu finden.“ Auch körperlich versucht der 92-Jährige fit zu bleiben. „Ich bin jeden Tag in Bewegung.“ Hilfreich sind die 60 Stufen im Pfarrhaus, macht an einem normalen Tag 400 Treppentritte.

 

„Die Asterer sind Asterer“, charakterisiert er „seine“ Schäfchen. Trotz allem „mia san mia“-Gefühl fühle man sich aber als Teil der Großgemeinde. Auch bei dem Priester selbst kommen Heimatgefühle auf, und zwar sowohl in Richtung der Politik als auch der Institution Kirche. „Die können alles machen, aber wenn sie die Kirche einreißen, bekommen sie es mit mir zu tun.“

 

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Das sagt der Bürgermeister

 

Persönlich: Als er seinerzeit als Junglehrer nach Waldmünchen gekommen ist, habe er erstmals mit Pfarrer Arnold Ast Kontakt gehabt. Der galt damals schon als außergewöhnliche Persönlichkeit. „Das hat sich mehr als bewahrheitet“, sagt Bürgermeister Markus Ackermann voller Respekt.

 

Fazit: „Er ist ein Glücksfall für die Gemeinde“, entfährt es Ackermann spontan. Für ihn ist Raimund Arnold ein Vorbild, Ideen- und Impulsgeber zugleich, das Wirken sei in so vielen Bereichen „durch und durch“ spürbar.

 

Hintergrund: Der Aster Pfarrer besteche durch seine menschlichen Qualitäten, bescheinigt Ackermann, der Arnold seinerzeit zum Ehrenbürger ernannt hatte. Die Verbundenheit eines Menschen zu seiner Wahlheimat „haue einen schlicht um, betont er.

 

Lob: Die Arnoldsche Alleinstellung bestehe schon alleine darin, so viele Jahre „das Gesicht der Kirche“ gewesen zu sein. Mehr als das sei der Geistliche aber immer Zuhörer, Ratgeber und „Mensch“ gewesen.

 

Text und Foto: Petra Schoplocher