Pastoralreferent Martin Kowalski prägte die Pfarrei und Waldmünchen

Hinter dem Pfarrer, neben der Jugend: So hat Martin Kowalski seine Rolle immer gesehen. Der Scherenschnitt gegenüber seinem Büro ist die perfekte Kulisse für ein Abschiedsgespräch.
Hinter dem Pfarrer, neben der Jugend: So hat Martin Kowalski seine Rolle immer gesehen. Der Scherenschnitt gegenüber seinem Büro ist die perfekte Kulisse für ein Abschiedsgespräch.

Hätte Martin Kowalski zu Studentenzeiten einen anderen Zimmernachbarn gehabt, wer weiß, wie sein Leben verlaufen wäre. Durch dessen Kontakt zur Katholischen Hochschulgemeinde erfuhr der junge Waldmünchner, dass es auch pastorale Berufe jenseits des Priester-Daseins gibt. Eine Erkenntnis, die sein Leben und auch das der Christen in Waldmünchen für immer verändern sollte.

Rasch entschied Martin Kowalski seinerzeit, dass dies sein Weg werden würde, wenngleich die Berufsaussichten alles andere als rosig waren. Dennoch wechselte er von Sozialpädagogik und Deutsch für Berufsschule zur Vollzeit-Theologie. Das war wiederum nur die konsequente Fortsetzung dessen, was der junge Mann in seiner Heimatpfarrei bis dato gepflegt und gelebt hatte.

Wann immer die Jugend, allen voran in und mit der KLJB zum Thema wird, glänzen die Augen des 63-Jährigen. Vor allem aus zwei Gründen: Viele, die aktuell in verschiedensten Funktionen Verantwortung tragen oder sich für „ein gutes, ein besseres Morgen“ engagieren, haben diese „Schule“ durchlaufen. Zudem haben sich in diesem Feld eine Menge Erlebnisse und Begegnungen zugetragen, die der Vater zweier Söhne nicht missen möchte.

Wie auch nicht die Zeit als Erzieher im Studienseminar. So intensiv sie war, so bildend war sie auch. Für die Internatskinder war er zugleich Vater-und Mutterersatz, Nachhilfelehrer, Freizeitgestalter. „Das Schönste war, ihnen abends im Schlafsaal vorzulesen“, erinnert sich der Beinahe-Ruheständler an die Zeit ab 1990.

 

Schlüsselfigur Pfarrer Bumes

Kein Geringerer als Pfarrer Ludwig Bumes holte Kowalski zurück nach Waldmünchen. Gebraucht wurde ein Religionslehrer für die damalige Hauptschule. Zwölf Stunden Unterricht allerdings reichten nicht für den frischgebackenen Vater. Also schuf Bumes – stets vorausschauend – die Stelle des Pastoralreferenten für die Pfarrei St. Stephan, damals etwas Exotisches. Sie sollte Martin Kowalskis berufliche Lebensaufgabe werden.

Dass er in ihr sein Herzensthema Jugend vorantreiben konnte, sei eine große Erfüllung, betont der Waldmünchner in der Rückschau. „Ich habe immer versucht, nah an den Jugendlichen dran zu sein“, erklärt er, wenngleich er viele hat gehen sehen, oft bedeutete der Schulabschluss auch das Ende vom KLJB- oder Ministranten-Dasein, ist er doch angetan, wenn ihm bewusst wird, wie viele ehemalige Schützlinge nun in Waldmünchner Vereinen und sogar im Stadtrat in der Verantwortung stehen. Die Jugendgruppen als Spielwiese waren da sicher eine gute Vorbereitung, deutet er an, sein Licht unter den Scheffel stellend. Wiederkehrendes Erfolgserlebnis ist die Waldweihnacht, die eine große Rückbindung zeige. Sie besuchen viele, die längst woanders Wurzeln geschlagen haben.

 

Mutter prägt Kirchenbild

Kowalskis Mutter Hildegard war es, die sein Verständnis von Kirche geprägt hat. Sie war liberaler als der strenge Vater, vermittelte zudem, dass sie nicht an den Mauern eines Gotteshauses ende. Eine kleine, selbstgestaltete Maiandacht von zwei, drei Personen, eine Wanderung mit geistlichen Impulsen (ein Angebot, das er immer unterbreiten wollte), die Fete nach der Auferstehungsfeier, ein Friedensgebet, auch da ereignet sich Kirche, überträgt er die „offene Definition“ seiner Mama in die Jetzt-Zeit. Zweite einschneidende Erkenntnis: Die Feierlichkeit der Liturgie, die den jungen Martin schon als Ministrant berührte.

 

Anfänge als Lehrer

Neben kraftgebenden Momenten wie diesen gab es auch solche, in denen Martin Kowalski zweifelte. Einen Zugang zu den Schülern zu finden, war vor allem in den Anfangsjahren nicht leicht. Heute kann der mit einer älteren Schwester aufgewachsene Waldmünchner mit einem Lächeln von seiner ersten Berufsschul-Klasse erzählen, die er an einem Nachmittag in der letzten Stunde ab 15 Uhr hatte – ehe er kam, war da schon Schluss für die Jugendlichen, folglich nicht unbedingt ein leichter Start für den Neuling. Seinen Unterricht habe er immer so gestalten wollen, dass er „zumindest nicht in schlechter Erinnerung bleibt“. Den Umgriff fasste er bewusst weit, sprach soziale und gesellschaftliche Themen an.

Mit der Frage nach dem einen Highlight in den gut 30 Jahren als Pastoralreferent tut sich Martin Kowalski schwer. viele bereichernde Begegnungen, viele beseelende Gespräche... „Der Weltjugendtag in Köln!“, entscheidet er schlussendlich, kombiniert(e) dieser doch das Gemeinschaftserlebnis Glaube mit der Jugend.

 

Der Engel des Herrn

Stichwort Glaube. Wie praktiziert, wie lebt ihn Martin Kowalski im Alltag? Zu Tagesbeginn mit einem Gebet, in das er gedanklich andere gerne mit einbezieht. Wenn er im Büro das Abendläuten hört, ist das oft Anstoß für den „Engel des Herrn“. Allgegenwärtig ist die Bibelstelle, die ihn zeitlebens begleitet hat: „Gott ist treu. Er wird keine Prüfung zulassen, die eure Kräfte übersteigt. Vielmehr wird er für einen Ausweg sorgen, sodass ihr die Prüfung bestehen könnt.“ Tiefgreifende Erfahrungen Das habe er oft am eigenen Leib erfahren, betont der Familienvater. „Im entscheidenden Moment wurde uns die Last genommen.“ Es gibt noch einen wichtigen Satz, den er einmal gelesen hat: „Mach‘ das, was möglich ist. Für das Unmögliche ist Gott zuständig.“

 

Herr der eigenen Zeit sein

Vom Ruhestand erhofft er sich vor allem eines: Herr der eigenen Zeit zu sein und auch mehr mit Ehefrau Marianne zu unternehmen. Endlich mal über einer Arbeit in Haus oder Garten bleiben zu können, statt dabei schon den nächsten Termin im Hinterkopf zu haben. Dann ist da ein Stapel Bücher, der dringend abgearbeitet werden will, „und ich werde mich als Hausmann beweisen müssen“, ergänzt der 63-Jährige mit einem Lächeln. Ehefrau Marianne hat schließlich noch ein paar Jahre zu arbeiten.

 

Der Trenck...

Viel Entfaltungsmöglichkeiten werden sich zumindest die kommenden Wochen nicht bieten, schließlich hat sich Martin Kowalski 2020 als Co-Regisseur des Trenck-Festspiels in die Pflicht nehmen lassen. Das ist für Yvonne Broschs „verlängerten Arm am Ort“ zwar ein Ganzjahresprojekt, was Vorüberlegungen, wer welche Rolle spielen könnte, und Absprachen angeht.

 

Nachfolgerin steht schon fest

Froh ist der 63-Jährige, dass mit Theresa Glaser bereits eine Nachfolgerin feststeht. Die Schönseerin, die derzeit noch in der Pfarreiengemeinschaft Vohenstrauß-Böhmischbruck tätig ist, übernimmt am 1. September. Nicht zuletzt, um ihr freie Entfaltungsmöglichkeiten zu geben, will sich Martin Kowalski aus dem „Alltagsleben“ der Pfarrei (erst einmal) weitestgehend zurückziehen.

Einzige Einschränkung: Der Chor Cantamo, um dessen organisatorische Belange sich Kowalski schon seit Jahren kümmert und welche er vom Haupt- ins Ehrenamt mitnimmt. Zu einem späteren Zeitpunkt, lässt der frischgebackene 63-Jährige anklingen, sei ein Engagement durchaus denkbar. Eine Pfarrei ohne den „Berufsjugendlichen“ nicht.

 

Martin Kowalski persönlich

Stichtage:

Der gebürtige Waldmünchner geht Ende des Monats mit 63 Jahren in den Vor-Ruhestand.

Privat:

Schon mit 18 lernte Martin Kowalski seine Marianne kennen, 1988 heirateten beide. Das Paar hat zwei Söhne, Josef und Lorenz.

Ausbildung:

Nach dem Abitur am RSG und dem Wehrdienst nahm der heutige Pastoralreferent ein Studium mit Ziel Berufsschullehrer auf, wechselte dann aber zur Theologie. Später begann er noch ein Pädagogikstudium.

Stationen:

Nach zwei Jahren als Religionslehrer an den Berufsschule Waldmünchen und Furth im Wald wechselte er 1990 als Präfekt ans Studienseminar der Augustiner in Weiden. Seit 1993 ist er Pastoralreferent im Gemeindedienst in Waldmünchen.

Erfahrung:

Die Dreifachbelastung Pflege der (Schwieger-)Eltern, kleine Kinder im Haus und berufliche Herausforderungen hat den Familienvater geprägt und an Grenzen geführt. Aber auch gezeigt, dass der Herrgott immer wieder Kraft geschenkt hat.

Glaube:

Immer wieder hat Martin Kowalski erlebt, dass es eine „höhere Macht“ geben muss, „Schutzengel-Erfahrungen“, Beinahe-Unfällen, Wendungen oder auch Fügung wie die, den Seelenmenschen fürs Leben gefunden zu haben.

Interessen:

Im Ruhestand möchte der 63-Jährige seinen Bücherstapel verkleinern und freut sich, endlich bei Arbeiten am und im Haus bleiben zu können. Und dann ist da ja noch das Trenckfestspiel, dessen Regieassistent er ist.

 

Foto: Schoplocher   

Mittelbayerische Zeitung, 15.06.2024